Zahnradgetriebe

Oberflächenveredelung durch kontrolliertes Kugelstrahlen

Innerhalb des Fraunhofer Innovationsclusters „Life Cycle Engineering für Turbomaschinen – LCE“ entwickelt ein Konsortium Brandenburger und Berliner Unternehmen und Forschungsinstitute eine Prozesskette für die additive Fertigung hochkomplexer Turbinenbauteile (Projekt „ProFeX“). Das
Kugelstrahlen ist dabei eine Schlüsseltechnologie, um die hohen Qualitätskriterien der Industrie zu erfüllen und das Potential der additiven Fertigungstechnologien auszuschöpfen.

Warum kontrolliertes Kugelstrahlen?

Im Bereich der additiven Technologien ist das Selektive Laserstrahlschmelzen wegen seiner Vielseitigkeit und Anwendungspotentiale insbesondere aufgrund der möglichen Herstellung komplexer, metallischer Komponenten hervorzuheben. Eine Herausforderung additiv hergestellter Bauteile sind verfahrensbedingt sehr raue Oberflächen. Diese wirken sich negativ auf die Dauerfestigkeitseigenschaften der Komponenten aus. Mit dem kontrollierten Kugelstrahlen können sowohl Oberflächen geglättet als auch die Dauerfestigkeit signifikant erhöht werden.

Angesichts der häufig sehr komplexen Geometrien additiver Bauteile sind herkömmliche, mechanische Oberflächenbearbeitungsverfahren, wie das Schleifen, Drehen oder Fräsen infolge der schlechten Zugänglichkeit nur unter hohem Aufwand möglich. Hier bietet das kontrollierte Kugelstrahlen einen entscheidenden Vorteil. Die Metal Improvement Company (MIC) als Tochter der Curtiss Wright Corporation mit ihrer Niederlassung in Brandenburg bietet den Service des kontrollierten Kugelstrahlens sowohl für die Bearbeitung von Einzelteilen als auch von Klein- und Großserien an.
Erfahrungen bestehen unter anderem auf den Gebieten der Behandlung von Kraftwerkskomponenten und Chemieanlagen sowohl bei der Neuanfertigung als auch auf dem Gebiet der Reparatur oder Maintenance. Dank der umfangreichen Erfahrungen der MIC im Bereich der Luftfahrttechnik, insbesondere auf dem Gebiet der Bearbeitung von Triebwerkskomponenten und Turbomaschinen, bringt sie auch hier umfangreiches KnowHow in das Projekt mit ein.

Das Verfahren des kontrollierten Kugelstrahlens

Das kontrollierte Kugelstrahlen ist ein Kaltbearbeitungsverfahren, bei dem die Bauteiloberfläche mit einem kugelförmigen Strahlmittel, wahlweise Kugeln aus Metall, Glas oder Keramik, gezielt bestrahlt wird. Die Partikel treffen mit hoher Energie auf die Bauteiloberfläche, was zu einer
plastischen Verformung dieser, sowie der Einbringung oberflächennaher Druckeigenspannungen führt.

Im oberflächennahen Bereich kommt es durch die dabei entstehende Kalottenstruktur zu einer Dehnung der Oberflächenschicht. Die tiefer liegenden Werkstoffschichten wirken diesen gedehnten und plastisch verformten oberflächennahen Bereichen entgegen, wodurch ein Bestreben des verformten Materials zur Rückkehr in die Ausgangsform erwächst. Dadurch bildet sich in dem Oberflächenbereich eine Schicht kaltverformten Materials mit einer zum Teil hohen Druckeigenspannung. Diese Druckeigenspannungen führen zu einer deutlichen Steigerung der Widerstandsfähigkeit
der Oberfläche gegenüber Rissbildung und damit zu einer Steigerung der Dauerschwingfestigkeit. Diese ist insbesondere für dynamisch beanspruchte und sicherheitskritische Turbinenbauteile, welche innerhalb des Projektes „ProFeX“ betrachtet werden, von hoher Bedeutung. Des Weiteren werden durch das kontrollierte Kugelstrahlen die für das SLM-Verfahren charakteristischen Rauheitsspitzen auf den Bauteiloberflächen eingeebnet.

Zielsetzung

Mittels selektivem Laserstrahlschmelzen hergestellte Komponenten unterscheiden sich in ihren Eigenschaften maßgeblich von konventionell gefertigten Bauteilen. Vor dieser besonderen Herausforderung stand die MIC während der Untersuchung der Einflüsse des Kugelstrahlprozesses auf die Dauerschwingfestigkeit und auf die Oberflächeneigenschaften von Turbinenbauteilen aus der Nickelbasislegierung Inconel 718, die im SLM-Verfahren hergestellt wurden. Insbesondere sollte bei der Untersuchung geprüft werden, wie die Strahlparameter einzustellen sind, um optimale Ergebnisse bei den Rauheitsverbesserungen zu erzielen. Hinsichtlich der Dauerfestigkeit war zu klären, welche Verbesserungen erreicht werden können und welche Auswirkungen es auf das konturnahe Gefüge der Bauteile gibt.

Vorgehen

Die Fertigung der SLM-Probekörper erfolgte am Fraunhofer IPK. Dazu leistete die MIC zunächst einen wesentlichen Betrag durch die Unterstützung bei der Wahl geeigneter Geometrien zur anschließenden Begutachtung von Rauheit, Porosität, Härte und Mikrostruktur. Sie entwickelte ein umfangreiches Konzept zur Messung und Auswertung dieser Größen. Bei der Erstellung einer Testmatrix und der Wahl der zu testenden Strahlparameter konnte die MIC auf ihre langjährigen Erfahrungen im Umgang mit dem kontrollierten Kugelstrahlen zurückgreifen. Auf der Grundlage von Voruntersuchungen wurden Strahlmittelgröße, -härte und Deckungsgrad in Form eines geeigneten Parameterraumes in der Testmatrix festgelegt. Dadurch ist der Einfluss der einzelnen Parametergrößen in der Auswertung eindeutig identifizierbar.

Die Bewertung der behandelten Oberflächen umfasste die Identifizierung des Einflusses der Strahlmittelart, seiner Härte und der Strahlintensität. Im Anschluss erfolgt die Durchführung der Dauerschwingversuche. Auf Grundlage der Versuchsergebnisse der Oberflächenuntersuchungen und der
Dauerschwingversuche wurden optimale Parameter aus der Testmatrix ausgewählt.

Ergebnisse und Ausblick

Im Verlauf des Projektes wurde bereits eine große Zahl von Untersuchungen an Probekörpern durchgeführt, so dass eine erste Bewertung mit den beschriebenen Untersuchungsmethoden erfolgen konnte. In den Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die Oberflächenrauheit von SLM
gefertigten Bauteilen durch kontrolliertes Kugelstrahlen signifikant verbessert wird. Diese Verbesserung der Rauheit beträgt im Mittel 45 bis 55 Prozent. Weiterhin wurde herausgefunden, dass der Einfluss der Strahlmittelhärte mit 10 Prozent auf die Rauheitsverbesserung besonders beachtenswert ist
und damit die Bedeutung der Strahlmittelintensität mit rund sieben Prozent, und des Deckungsgrades, mit circa acht Prozent, übersteigt.

Lediglich die Wahl der für diese Versuche ausgewählten Strahlmittegrößen spielte eine untergeordnete Rolle bei der Beeinflussung des Rauheitsergebnisses von drei Prozent. In Hinsicht auf die anstehenden Dauerfestigkeitsuntersuchungen ist bereits bekannt, dass durch zu niedrige Strahlintensitäten während des kontrollierten Kugelstrahlens das Festigkeitsoptimum nicht ausgeschöpft wird bzw. ein Überstrahlen Entfestigungseffekte im Bauteil hervorrufen kann. Das Mehrzielkriterium der Generierung optimaler Oberflächen bei gleichzeitig bestmöglichen Dauerfestigkeitseigenschaften steht deshalb auch bei den weiteren Untersuchungen des Projektes im Zentrum der Betrachtung. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Dauerschwinguntersuchungen wird die bestmögliche Parameterkombination aus der Testmatrix ausgewählt. Sie wird im weiteren Verlauf zur Erstellung einer Wöhlerkurve dienen.

Auch bei den noch anstehenden Materialuntersuchungen, welche Härteanalysen und Untersuchungen zur Mikrostruktur der Komponenten umfassen, wird die Metal Improvement Company mit ihrem Wissen wesentliche Inhalte beisteuern. Gleichzeitig profitiert sie dank der engen Zusammenarbeit von einem entscheidenden KnowHow-Zuwachs auf dem Gebiet der Additiven Fertigung und sorgt somit für eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes Brandenburg.

Das Vorhaben wurde aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) kofinanziert.